Dienstag, 15. April 2014

Warum wir unseren Augen nicht trauen sollten.

Es ist wichtig immer alles zu hinterfragen. Das habe ich in meiner Einleitung bereits deutlich gemacht. Aber warum eigentlich? Sind wir Menschen wirklich so beeinflussbar?
Ja, wir sind es! Lasst mich euch zeigen wie sehr...



...und warum das so ist. Werfen wir zunächst einen Blick darauf, wie das Gehirn funktioniert. Man kann es in drei Regionen unterteilen: Stammhirn, Zwischenhirn (limbisches System) und Großhirn (linke und rechte Gehirnhälfte). In jeder Region verarbeitet das Gehirn unterschiedliche Informationen.
Wodurch erhält das Hirn überhaupt Informationen? Durch unsere fünf Sinne: Sehen, hören, riechen, fühlen und schmecken. Die empfangen eine riesige Menge an Daten über unsere Umwelt. Und wisst Ihr, was davon bei uns ankommt? Fast nichts!
  
Ein Tropfen auf den heißen Stein

Ich schmeiße jetzt mal mit ein paar Zahlen um mich. Unser Gehrin nimmt etwa 70.000 Einzelinformationen pro Sekunde wahr - davon werden uns maximal ca. 70 Informationen bewusst. Das entspricht etwa 0,1 %. Heißt im Umkehrschluss: 99,9 % dessen, was so um uns vorgeht bekommen wir nicht im geringsten mit.
Als wäre das nicht schon genug ist unser Bewusstsein auch noch sehr langsam. Es braucht zwischen 500 und 700 Millisekunden, bis es agiert. Wichtige Entscheidungen, wie zum Beispiel Kaufentscheidungen, treffen wir aber schon nach 180 Millisekunden, das kann man heute ganz genau messen (weitere Infos unter EEG oder fMRT). Also muss da noch irgendetwas anderes seine Finger im Spiel haben. Unser Unterbewusstsein.

Der härteste Türsteher der Welt

Ob eine Nachricht als relevant betrachtet wird, wird im Unterbewusstsein entschieden. Unschwer zu glauben, dass hier alles rein möchte: Werbung, Supermärkte, aufdringliche Liebhaber und Versicherungsvertreter. Also steht an der Schwelle zu unserem Unterbewusstsein ein Türsteher, gegen den der Berliner Club Berghain wie ein Tag der offenen Tür in der Grundschule erscheint. Um Zutritt zu diesem VIP-Bereich des Bewusstseins zu haben müssen die Informationen wirklich wichtig sein - oder zumindest so scheinen.
Dieser Türsteher, das sogenannte Amygdala, bestimmt eigentlich alles, was uns hinterher bewusst erreicht. Besonders eindrucksvoll wird das an folgendem Beispiel, das wahrscheinlich jeder in ähnlicher Form schon erlebt hat.
Man(n) sitzt gemütlich auf dem Sofa und schaut fern. Plötzlich ertönt aus dem Nachbarzimmer ein spitzer Schrei. Hat sie sich verletzt? Ist was schlimmes passiert? Schnell hastet man zur Tür, nur um sie dann ohne jede äußere Verletzung zu finden. Auf die Frage, was denn nun los sei folgt dann eine ausgestreckte Hand, die auf einen unscheinbaren, schwarzen Punkt in der Ecke deutet, begleitet von Worten wie: 'Ihhhhh' oder einem angeekelten 'Da', als wäre damit alles gesagt. Grund der Aufregung war die kleine Spinne, die munter in der Ecke krabbelt.

Pfui Spinne!

 
Was ist hier passiert? Das Hirn entscheidet selbst welche Informationen wirklich im Bewusstsein ankommen. Besonders wichtig sind Reize, die Gefahren signalisieren.
Gehört man also zu den Spinnenphobikern nimmt man die Spinne größer, beeindruckender und bedrohlicher wahr, als wenn man keine Angst vor den kleinen Krabblern hat.
Der Witz ist jetzt, dass man hier nicht davon sprechen kann, dass der Betroffene sich einbildet, dass die Spinne größer ist oder übertreibt. Für ihn sieht die Welt in diesem Moment wirklich anders aus (Quelle).

Wenn die Realität so subjektiv ist müssen wir uns fragen: Was ist überhaupt Realität? Das was das Gehirn davon zu uns durchdringen lässt. Wir können in dieser verrückten Welt nichtmal uns selber trauen - sogar unser eigenes Gehirn versucht uns auszutricksen. Das ist ürbigens auch der Grund, warum PowerPoint Präsentationen niemals wirklich unsere Aufmerksamkeit fesseln können werden. Unser Hirn tut uns also auch etwas Gutes...
Wir müssen uns aber dennoch fragen, was wir denn von unserer Umwelt glauben können, wenn wir nicht einmal der eigenen Wahrnehmung trauen können.

Filmfehler


Noch kruder wird die Angelegenheit, wenn wir betrachten, wie unser Hirn Szenerien oder Situationen als Gesamtes wahrnimmt. Auch hier kommt ein Mechanismus ins Spiel, der wohl dazu gedacht ist uns zu schützen.
In Filmen passieren ständig Fehler, da die Szenen nicht alle direkt nacheinander aufgenommen werden. So nascht Julia Roberts in Pretty Women abwechselnd an einem Croissant und an einem Pfannkuchen, James Bond steigt in Casino Royale in sein Auto ohne die Tür zu schließen, und im nächsten Schnitt ist sie zu - nur um dann in der folgenden Szene wieder offen zu sein und Kristen Stewart trug für Twilight eigentlich dunkelbraune Kontaktlinsen...als sie aber im Krankenhaus die Augen aufschlägt hat sie plötzlich grüne Augen.
Keiner dieser Fehler macht einen Film im ganzen kaputt. Sie fallen uns meist nichtmal auf, frühstens beim zweiten oder dritten Anschauen. Aber wir achten einfach nicht darauf. Oder nehmen wir diese Details absichtlich nicht wahr?

Der Teufel steckt im Detail


Die Antwort ist (natürlich) "Ja", es ist unser Gehirn, dass dafür sorgt, dass wir mit solchen Informationen nicht überlastet werden. Wenn wir jede Detailveränderung registrieren würden, also Mimik beim Gegenüber, Änderung der Schatten oder kleinste Positionswechsel würde sich ein sehr verschwimmendes Bild ergeben, ähnlich wie unter dem Einfluss halluzinugener Drogen. Das Gehirn glättet dieses Bild gewissermaßen und bildet daher - jetzt kommt's - eine Art Zusammenschnitt der letzten 15 Sekunden, aus denen sich das ergibt, was wir sehen. (Quelle)
Wir werden also schon wieder bevormundet. Die ganze Realität wird analysiert, interpretiert und zensiert, bevor Sie in unserem Bewusstein ankommt, als das was wir Realität nennen.
In diesem Sinne: Welcome to Neuroscience, Bitch!

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