Mittwoch, 14. Mai 2014

Too big to jail - Banken, die über Recht und Ordnung stehen

Einige Großbanken schütteln die Fesseln des Rechtsstaates ab. Sie sind so groß, dass ihr Kollaps das Finanzsystem gefährden würde. Aber auch so groß, dass eine strafrechtliche Verfolgung schwer wird. Darf es Mitglieder unserer Gesellschaft geben, die über dem strafrechtlichen System stehen?


Mit dem Zusammenbruch der amerikanischen Großbank Lehman Brothers im Jahr 2008 erlebte die große Finanzkrise unserer Zeit wohl ihren Höhepunkt. Milliarden Dollar verpufften regelrecht. Seitdem hat sich einiges geändert. Der Begriff "too big to fail" ist damals populär geworden, denn er beschreibt die gesetzlichen Regelungen, die eine weitere Krise dieser Art verhindern sollen. Er besagt, dass Institute einer bestimmten Größe so wichtig für das Finanzsystem sind, dass ihre Pleite für dieses schwerwiegende Folgen hätte. Deshalb wird mit einer Reihe von Regelungen ihr Zusammenbruch einfach verhindert.

Diese sogenannten systemrelevanten Banken haben  natürlich nicht die absolute Narrenfreiheit, ihnen wird genau auf die Finger geschaut. Aber dennoch entsteht der Eindruck sie hätten mit diesem Status nicht mehr die Notwendigkeit wirklich alles daran zu setzen, dass sie nicht in Existenznot geraten. Passiert dies doch, so muss der Steuerzahler als Retter einspringen. Wie immer, muss man leider sagen.
Das wirklich Unerhörte ist aber etwas anderes.

In den USA wird nämlich gerade ein anderes Problem offenkundig. Dort dürfen Staatsanwälte nicht nur natürliche Personen anklagen, sondern auch juristische Personen, wie beispielsweise eine Aktiengesellschaft oder einen Verein. Die Strafverfolgung der Konzerne ist aber höchst kompliziert, weil ein Urteil sie gefährlich destabilisieren könnte. Denn es ist fraglich ob ein Institut, dass für ein Verbrechen verurteilt wurde, überhaupt noch eine Banklizenz halten darf.
Mit einfachen Worten: Die Konzerne sind "Too big to jail" - zu groß, als dass man sie angemessen bestrafen könnte!

In New York wollen die Staatsanwälte Verfahren gegen die französische Bank BNP und gegen Credit Suisse einleiten. In Statements versucht man aber die Frage des Entzugs der Banklizenz elegant zu umschiffen. Angesichts dieser taktischen Ausweichmanöver stellt sich die Frage, ob es sich eine Gesellschaft auf Dauer wirklich leisten kann und will, dass einige ihrer Mitglieder außerhalb des juristischen Systems von Strafe und Abschreckung stehen.
Was bringt ein Strafrechtssystem, in dem sich schuldige Firmen den härtesten Sanktionen durch pure Größe entziehen können?

Ganz abseits von Verschwörungstheorien, die argumentativ nur schwer haltbar sind, zeigen diese harten Fakten mir, dass es Banken gibt, die tatsächlich ZU groß sind. Es kann wirklich nicht sein, dass diese Banken gewissermaßen über dem Strafsystem stehen und nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. Denn wenn sie dem System nachweislich Schaden zufügen darf es doch nicht sein, dass sie am Leben erhalten werden müssen.

Wie man das Problem lösen könnte? Ich gebe zu, ich habe keine Ahnung. Wenn sich Großbanken ohne Gefahr für das Finanzsystem abwickeln lassen könnten, dann könnte man sie auch ohne größere Bedenken wegen schwerwiegender Vergehen verfolgen.

Wenn ihr Ideen habt, wie man das Problem anpacken sollte: Nur zu! Gerne hier oder auf Facebook.

Quelle: Handelsblatt vom 02.05.2014


Edit: Wenn sich die Credit Suisse schuldig bekennt wird die Strafe wohl in Form einer Zahlung in Höhe von 2,5 Milliarden US-Dollar ausfallen. Klingt viel, ist es auch. Damit schlagendie amerikanischen Gerichtshöfe erstmals gegenüber einer Großbank einen harten Tonfall an. Dennoch wurde, wie schon erwartet, die Frage des Entzuges der Bankenlizenz geschickt umgangen. Außerdem ist fraglich wie hart die Strafe eine Bank mit einer Bilanzsumme von über 800 Milliarden US-Dollar (das ist mehr als das gesamt Bruttinlandsprodukt der Türkei) überhaupt trifft.

Quelle: FAZ vom 16.05.2014


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